Die Sozialpolitik in den Fokus rücken, mit allen Bürgern auch nach der Wahl regelmäßig in Austausch treten, Politik und auch unliebsame Entscheidungen erklären, sowie nötige Herausforderungen und Reformen proaktiv anpacken – all das möchte die in unserem Wahlkreis neu in den Landtag gewählte Abgeordnete Lena Teschlade (34). Am 29.06.2022 traf sich der Bürgerverein mit ihr zum Interview, die mit ihrem zum Markenzeichen gewordenen roten Rennrad erschien, gemeinsam mit Inan Gökpinar (SPD) Vize-Bezirksbürgermeister von Chorweiler.
Frau Teschlade, Glückwunsch zum gewonnenen Mandat und vielen Dank dass Sie sich so kurz nach der Wahl Zeit genommen haben für das Interview.
Ich danke Ihnen für die Einladung und das Gesprächsangebot.
Vor den Wahlen werden die Menschen an Wahlständen intensiv mit Flyern, Kugelschreibern, Rosen und Luftballons umworben. Nach den Wahlen ist dann leider häufig gefühlte Leere. Was dürfen wir von Ihnen erwarten?
Nach der Wahl beginnt die eigentliche Arbeit in den Ausschüssen. Die Herausforderung ist zusätzlich Zeit aufzubringen auf der Straße Präsenz zu zeigen, Bürgersprechstunden anzubieten und mit den Bürgervereinen in Kontakt zu bleiben. Ich möchte das sehr gerne machen, dazu braucht es aber passende Rahmen, dass diese Formate auch angenommen werden. Umgekehrt versuche ich Angebote aus der Bürgerschaft und Gesprächseinladungen verstärkt anzunehmen und lasse diese nicht unbeantwortet.
Mit dem Wort „Ausschüsse“ liefern Sie ein Stichwort. Was sind ihre im Landtag angestrebten Hauptthemen?
Arbeit und Soziales, sowie Wirtschaft sind die Ausschüsse um die ich mich beworben habe und es Stand heute ganz gut aussieht.
Was können Sie aus der Opposition heraus in den Ausschüssen erreichen?
In den Ausschüssen findet ein Großteil der politischen Arbeit statt. Hier beraten die Fachpolitikerinnen aller Fraktionen Anträge. Die Ausschüsse bereiten die Beschlüsse des Landtages vor. Was im Plenum beschlossen wird ist meist in den Fachausschüssen umfassend diskutiert worden.
Außerdem behalte ich im Rat der Stadt Köln die wichtige Position der sozialpolitischen Sprecherin der SPD. Dort mache ich ähnlich wie künftig im Land Oppositionsarbeit, versuche die sozialpolitischen Interessen der Menschen zu vertreten.
Das klingt nach einer hohen Arbeitsbelastung. Was wird aus ihrem bisherigen Beruf?
Mein Beruf ist nun Politikerin in Vollzeit. Bisher war ich auch Geschäftsführerin eines sozialen Trägers, was nicht wie ein Angestelltenjob von einen Tag auf den anderen beendet werden kann. Ich werde die Sommerferien nutzen und versuchen so schnell wie möglich die Übergabe an meine Nachfolgerin abzuschließen.
Alle Parteien haben uns im Wahlkampf versprochen sich für unser Thema Nummer 1 einer Bürgerbegegnungsstätte in Heimersdorf & Seeberg-Süd einzusetzen, auch das ist Sozialpolitik. Bürger müssen sich treffen und organisieren können. Solche Möglichkeiten haben wir nicht, wünschen uns aber mehr Unterstützung von Kommunal- und Landespolitikern.
Der für die Bürgerbegegnungsstätte geplante Standort ist aktuell nicht zu realisieren, da nach aktueller Sachlage die Grundschule am Lebensbaumweg die Räume nutzen soll. Zur Nachfrage der Finanzierung einer solchen Einrichtung kann ich aber sagen, dass ich mich auf Landesebene dafür einsetzen werde, dass solche Gelder dann auch im Wahlkreis ankommen.
Aufgabe des Landes ist es unter anderem finanzielle Mittel für die Kommunen zur Verfügung zu stellen. Die Abrufung und Verwendung von Mitteln geschieht dann in der Kommune und der Stadtverwaltung. Leider aber viel zu oft wird Geld von der Stadt Köln nicht abgerufen.
Können Sie uns etwas mehr zur künftigen Verwendung der Räumlichkeiten der ehemaligen Anna-Langohr Grundschule sagen, sowie zu der Diskussion um das zum Abriss bestimmte Gebäude der Katholischen Grundschule Lebensbaumweg?
Für die OGS der Grundschule am Lebensbaumweg sollen zukünftig Räume in der ehemaligen der Anna-Langohr Schule genutzt werden. Die bisher genutzen Container müssen abgebaut werden, da keine Genehmigung mehr vorliegt. Wenn wir über das Thema „Schule“ sprechen geht es häufig um „Gebäude“ die man derzeit in Köln nicht nutzen kann oder nicht mehr nutzen soll. Dafür ist aber in Köln getrennt das Amt für Gebäudewirtschaft zuständig, hat also mit Schulpolitik nichts zu tun, fällt nicht unter das Schuldezernat. Wir versuchten zu verhindern dass die Container abgebaut werden, aber da ist meine Hoffnung begrenzt dass das gelingt, denn das erwähnte Amt für Gebäudewirtschaft wird gewichtige Gründe haben, die nur schwer zu entkräften sein dürften. Den Frust des pädagogischen Personals und der Eltern kann ich aber sehr gut nachvollziehen.
Was waren aus ihrer Sicht die Gründe für ihren Sieg im Wahlkreis dass Sie sogar mehr Erststimmen geholt haben als die SPD Zweitstimmen?
Die unheimlich vielen Tür-zu-Tür Begegnungen waren aus unserer Sicht wahlentscheidend. Wir haben über 3000 Türen besucht. Am 30.11.2021 war die Wahlkreisdelegiertenkonferenz und am 01.12.2021 habe ich bereits mit dem Wahlkampf begonnen. Ich habe jeden Tag zwei Termine gemacht und meine Gedanken auf die Straße gebracht an die Bürger*innen transportiert. Dabei gab mir meine Erfahrung als Sozialarbeiterin die Sicherheit ohne Berührungsängste mit unterschiedlichsten Menschen und Lebensentwürfen in Kontakt zu treten.
Ende 2021 haben wir interne Dokumente des Aufsichtsrates der Rheinenergie zur Planung von neun Windrädern in Chorweiler zugespielt bekommen. Wir haben diese veröffentlicht und haben von der Kommunalpolitik Maßnahmen gegen diese Anzahl und Konzentration aller Windräder im Bezirk Chorweiler gefordert.
Ich verstehe ihr Gefühl dass hier eine Ungerechtigkeit vorliegen könnte, wenn alle Kölner Windräder nach Chorweiler kommen sollen. Jetzt muss aber erstmal genau geprüft werden welche Pläne die Rheinenergie genau verfolgt. Wir sind als SPD ganz klar für den Ausbau von erneuerbaren Energien und auch für den Ausbau der Windkraft. Dafür müssen unterschiedlichen Faktoren bei der Aufstellung berücksichtigt werden. Danach wird zu prüfen sein welche Standorte im Kölner Norden dafür sinnvoll sind und wie viele Windräder tatsächlich aufgestellt werden. Mir ist wichtig, dass die Menschen im Kölner Norden umfassend informiert werden.
Nochmal zurück zur Oppositionsarbeit. Sie sind im Land und in der Bezirksvertretung in der Opposition. Was wird sich für die SPD ändern? Was können Sie dennoch gemeinsam erreichen?
Auch aus der Opposition heraus werden wir die wichtigen Themen unserer Zeit ansprechen und Impulse setzen. Das gilt auch für die Themen die den Stadtbezirk Chorweiler betreffen. Mit unserem Bundestagabgeordneten Rolf Mützenich stehe ich genau so im engen Kontakt wie mit unserem Fraktionsvorsitzenden in der Bezirksvertretung, Inan Gökpinar. Der enge Austausch ist wichtig.
Zu meinem Wahlkreis gehört auch Ford, der zweitgrößte Arbeitgeber von Köln. Nach der Entscheidung von Ford das Werk in Saarlouis zu schließen habe ich gemeinsam mit den anderen SPD-Landtagsabgeordneten eine Presseerklärung abgegeben. Es geht auch darum zu sehen dass vor allem die SPD die sozialen arbeitsmarktpolitischen Themen mit Weitsicht auf dem Schirm hat und vorantreibt, damit in Köln so etwas möglichst nicht passiert – Stichwörter, Weiterbildung, funktionierende Qualifizierung und Transformation. Neben Ford und der Automobilindustrie gilt dies auch für Ineos und die Chemieindustrie.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit für unseren Bezirk. Gerade bei den sozialen Themen drohen uns wegen dem Krieg in der Ukraine noch große soziale Verwerfungen. Sie werden als Teil der neuen Generation Politiker sich mit den Themen hoffentlich so verknüpfen und für die Bürger eine vertraute bürgernahe Ansprechpartnerin werden. Vielen Dank für das Interview.
Mit Lena Teschlade sprachen Dieter Höhnen und Adem Eşsiz
Wir brauchen jedes mögliche Windrad, jede mögliche PV-Anlage etc., um die Zukunft der Spezies Mensch zu sichern, bis wir 100% Klimaneutralität erreicht haben werden. Erst danach, nach Sicherstellung der existenziellen Erfordernisse, werden wir uns den Luxus erlauben können, solche Anlagen abzulehnen bloß weil ein Nachbarbezirk nicht ebenso viele Anlagen hat oder bekommen wird.
Diese Diskussionsform, erst dann zu lebensnotwendigen Maßnahmen bereit zu sein, wenn andere damit anfangen, hat Kindergartenniveau. Wenn mit solcher Begründung der Einsatz eines Defibrillators oder eines Feuerlöschers verweigert würde, wäre es strafbare unterlassene Hilfeleistung.
Bestehende breite Skepsis in der Bevölkerung mit “Kindergartenniveau” abzukanzeln ist politische Arroganz.
Besser wäre es die Bürger abzuholen, Planungen zu erklären, in Entscheidungen einzubinden. Wenn ein maximalistischer Ansatz “jedes mögliche Windrad” benötigt wird dann müssten bereits auch Planungen zu anderen Kölner Bezirken bestehen.
Insofern freue ich mich dass Frau Teschlade auf die Frage statt gereizt zu sein mit Verständnis reagiert hat und aufklären möchte.
Im EXPRESS Kölner Norden konnte man lesen, dass die Rheinenergie bei der Auswahl der Standorte für Windräder zur nachhaltigen und CO2-freien Stromertzeugung den 1000 m Mindestabstand einhalten möchte, d.h. es wird keine Windräder in bebeuten Bereichen Chorweilers geben, sondern eher an der Peripherie.
Ich persönlich kann darin keine ästhetische Beeinträchtigung sehen. Eher im Gegenteil: wenn man sich Chorweiler von weitem nähert, dann scheinen diese Riesigen Windräder einen einladend heranzuwinken. Und außerdem wäre ich stolz darauf, dass Chorweiler sich nennenswert an der Klimawende beteiligt.
Eine “umfassende Information” der Chorweiler Bürger über die Planungen der Rheinenergie und der Stadt Köln wäre mir allerdings zu wenig. Ich erwarte, dass die SPD sich aktiv dafür einsetzt, dass möglicht viele Windräder im Kölner Stdtbereich gebaut werden, damit wir von fossolen Brennstoffen für die Stromerzeugung unabhängig werden. Denn auch die Windkraft ist eine Win-Win-Win-Technologie: (1) Kein Klimagas mehr in die Athmosphäre zur Stromerzeugung, (2) Unabhängigkeit vom Strompreis und (3) Keine Zahlungen mehr an Putin für fossile Energie.
Das gilt für die Photovoltaik (PV) übrigens ebenso und deshalb erwarte ich, dass die SOD sich dafür einsetzt, das möglicht viele der vorhandenen Dävher mit PV-Anlagen versehen werden.
Den Begriff “Kindergartenniveau” möchte ich gerne zurücknehmen, denn er ist unfair den Kindern gegenüber – schließlich haben deren Diskussionen nicht so verheerende Folgen wie das oft unnötige Verzögern der Energiewende, unter denen sie erheblich mehr leiden werden als die heutigen Entscheider.
Wenn die Hütte brennt und die Feuerwehrleute diskutieren hin und her, wer den Schlauch zuerst aufdrehen soll, dann hat der Aufruf, doch lieber endlich mit dem Löschen anzufangen, nichts mit Arroganz zu tun.
Selbstverständlich müssen für einen Windpark alle standortbezogenen Fakten geprüft und bewertet werden. Skepsis, ob ein Standort geeignet ist, ist völlig legitim und wurde von mir auch nicht kritisiert. Das lässt sich über die Fakten klären. Aber der Verweis auf Nachbarbezirke ist allenfalls Befindlichkeit (“Sankt-Florian-Prinzip”).
Es kann einfach nicht alles überall gleichzeitig geplant werden. Irgendwo muss angefangen werden (gerne auch vor meiner Haustüre!), und es wird sicherlich auch woanders weitergehen.
Jeden Tag, den diese Windräder noch nicht laufen, wird statt dessen weiter unnötig CO2 ausgestoßen. Die Folgen des Klimawandels kommen mittlerweile im Stakkato in den Nachrichten, und das ist erst die Ouvertüre bei 1,2° globaler Erwärmung. Der Versuch, die Erwärmung auf nicht mehr als 1,5° zu begrenzen, indem wir so schnell wie irgend möglich klimaneutral werden, ist nicht ein “maximalistischer Ansatz”, sondern ein internationales Abkommen, welches die Existenz(!) und Freiheit der nachfolgenden Generationen ermöglichen soll. Und von diesem Pfad sind wir zum Leidwesen unserer Kinder (#FFF) noch meilenweit entfernt, weil immer noch zu viele den Ernst der Lage nicht wirklich realisiert haben.
…Es kann einfach nicht alles überall gleichzeitig GEPLANT werden…
Doch und muss es sogar, sonst klappt es mit der Energiewende nicht sagen doch gerade die Grünen! Überall gleichzeitig BAUEN geht nicht aber potentielle Standorte PLANEN geht sehr wohl, wir helfen da gerne mit Vorschlägen!
Ich einfacher Bürger brenne darauf zu erfahren wo in Köln Windräder möglich sind und gebaut werden können. Ich unter “Kindergartenniveau” kann mir leider nicht vorstellen dass bis zu 9 Windräder im Bezirk Chorweiler realisiert werden können und in anderen Bezirken nicht geplant wird. Oder will man den Bürgern in Chorweiler tatsächlich weiß machen dass nur in diesem Bezirk Platz ist, wir sogar soviel Platz haben dass wir auch eine Klärschlammanlage problemlos unterbringen können?
in dem Interview steht auch nichts von den Nachbarbezirken, sondern das die Standorte im Norden geprüft werden müssen. Des Weiteren steht dort sehr deutlich, dass die SPD sich für den Ausbau einsetzen wird. Die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen bleibt trotzdem weiterhin richtig und auch das ist die Verantwortung von Politik! Gerade die Menschen im Kölner Norden wurden in der Vergangenheit nicht immer in die Entscheidungsprozesse einbezogen bzw. informiert und das ist falsch.
Liebe Lena,
meine Kommentare beziehen sich auf die Forderung der Interviewer: “Wir haben … von der Kommunalpolitik Maßnahmen gegen diese Anzahl und Konzentration aller Windräder im Bezirk Chorweiler gefordert.”, nicht auf Deine Antwort.
Lieber Adem,
die Klärschlammanlage wird das Braunkohlekraftwerk ersetzen. Daher ergibt sich durch diese kein Platzproblem.
Dass die Zusammenarbeit des Rates der Stadt Köln mit den jeweiligen Bezirksvertretungen verbesserungswürdig ist, ist allerdings nicht allein ein Problem des Stadtbezirks Chorweiler, sondern wird auch von anderen BVen gelegentlich konstatiert (was es nicht besser macht).